Die Prospect Theory, auch als Neue Erwartungstheorie bekannt, ist ein revolutionärer Ansatz in der Verhaltensökonomie, der die Art und Weise, wie Menschen Risiken und Unsicherheiten bei Entscheidungen bewerten, neu definiert. Entwickelt von den Wirtschaftsnobelpreisträgern Daniel Kahneman und Amos Tversky in den 1970er Jahren, stellt diese Theorie die traditionelle Wirtschaftstheorie, die von rationalen Akteuren ausgeht, in Frage.
Im Kern der Prospect Theory steht die Erkenntnis, dass Menschen Entscheidungen nicht immer logisch oder konsistent treffen, insbesondere wenn es um riskante oder unsichere Situationen geht. Anstelle der erwarteten Nutzenmaximierung, wie sie in der klassischen Wirtschaftstheorie vorgeschlagen wird, neigen Menschen dazu, potenzielle Gewinne und Verluste unterschiedlich zu bewerten. Diese Asymmetrie in der Wahrnehmung und Bewertung von Gewinnen und Verlusten ist ein zentraler Punkt der Theorie.
Einer der Schlüsselaspekte der Prospect Theory ist die Verlustaversion – die Tendenz, Verluste stärker zu gewichten als gleich große Gewinne. Dies bedeutet, dass der Schmerz über einen Verlust oft intensiver empfunden wird als die Freude über einen gleichwertigen Gewinn. Diese Erkenntnis hat weitreichende Implikationen für das Verständnis menschlichen Verhaltens in verschiedenen Bereichen, von der Finanzmarktanalyse bis hin zur psychologischen Forschung.
Ein weiteres wichtiges Element der Prospect Theory ist die Idee der Referenzpunkte. Entscheidungen werden oft im Verhältnis zu einem bestimmten Referenzpunkt getroffen, wie dem Status quo oder einem bestimmten Erwartungswert. Veränderungen gegenüber diesem Referenzpunkt werden stärker gewichtet als der absolute Wert. Dies führt zu dem Phänomen, dass Menschen in Bezug auf Gewinne oft risikoavers sind, während sie bei drohenden Verlusten risikofreudiger werden.
Die Prospect Theory hat auch das Konzept des Framing eingeführt. Die Art und Weise, wie eine Option oder ein Szenario präsentiert wird, kann die Entscheidungen der Menschen stark beeinflussen. So kann dieselbe Entscheidung unterschiedlich getroffen werden, je nachdem, ob sie im Kontext eines potenziellen Gewinns oder eines möglichen Verlusts dargestellt wird.
Zusammenfassend ist die Prospect Theory ein Meilenstein in der Verhaltensökonomie, der ein tieferes Verständnis dafür bietet, wie Menschen Entscheidungen unter Unsicherheit treffen. Sie hat nicht nur die Wirtschaftswissenschaften, sondern auch Bereiche wie die Psychologie, das Marketing und die Politikwissenschaft beeinflusst. Durch die Betonung der psychologischen Komponenten des Entscheidungsprozesses erweitert sie unsere Sichtweise auf menschliches Verhalten in wirtschaftlichen und sozialen Kontexten.