Die Pseudo-Justification, auch Pseudo-Erklärung genannt, ist ein Konzept, das sich auf eine Tendenz bezieht, eine Begründung für eine Handlung oder eine Entscheidung zu geben, die tatsächlich keine wirkliche Rechtfertigung darstellt. Es handelt sich dabei um eine Art Täuschung, die darauf abzielt, die wahre Motivation hinter einer Handlung zu verschleiern oder zu rechtfertigen. Diese Art der Begründung kann sehr subtil sein und oft sind sich die Menschen nicht einmal bewusst, dass sie sie verwenden.
Die Herkunft der Pseudo-Justification kann auf verschiedene Quellen zurückgeführt werden. Eine Möglichkeit ist, dass es ein Mittel ist, um eine Entscheidung zu rechtfertigen, die auf irrationalen oder emotionalen Gründen basiert. In diesen Fällen kann eine Pseudo-Justification verwendet werden, um eine scheinbar rationale Grundlage für die Entscheidung zu schaffen, auch wenn es in Wirklichkeit keine gibt.
Eine weitere Möglichkeit ist, dass Pseudo-Justification als eine Art Abwehrmechanismus verwendet wird. Wenn wir uns mit einer Entscheidung oder Handlung konfrontiert sehen, die gegen unsere eigentlichen Werte oder Überzeugungen verstößt, kann es leicht sein, sich in eine Situation zu manövrieren, in der wir uns genötigt fühlen, uns zu rechtfertigen. In diesen Fällen kann die Verwendung von Pseudo-Justification dazu beitragen, das Gefühl von Schuld oder Reue zu reduzieren und es uns ermöglichen, uns selbst und anderen zu erklären, dass unsere Handlungen gerechtfertigt waren.
Es ist wichtig zu betonen, dass Pseudo-Justification nicht unbedingt eine bewusste Handlung ist. Viele Menschen verwenden sie ohne es zu merken, weil es ein Teil ihrer normalen Denkmuster und Verhaltensweisen ist. Es ist auch wichtig zu erkennen, dass Pseudo-Justification oft mit anderen Verhaltensweisen wie Rationalisierung, Projektion oder Leugnung verbunden ist.
Die Pseudo-Justification in Aktion
Ein bekanntes Experiment aus dem Jahr 1987 demonstriert eindrucksvoll dieses Phänomen. Der Studienleiter stellte sich in einem Kopiergeschäft in einer Schlange an, um etwas zu kopieren. Er versuchte einmal ohne Grund und zweimal aus verschiedenen Gründen, die Schlange zu überspringen. Ohne näher genannten Grund lautete die Erklärung lapidar: „Entschuldigen Sie, ich habe fünf Seiten zu kopieren, darf ich bitte vor?“ Die Placebo-Erklärung ohne wirklichen, triftigen Grund lautete: „Entschuldigen Sie, ich habe fünf Seiten zu kopieren, darf ich bitte vor, weil ich Kopien machen muss?“ Und ein echter Grund war „Entschuldigen Sie, ich habe fünf Seiten zu kopieren, darf ich bitte vor, weil ich es eilig habe?“ Das Ergebnis war beeindruckend. Ohne Grund ließen ihn 60 % vorrücken, mit Placebo-Grund 93 % und mit echtem Grund 94 %.
Dieses Experiment zeigt, wie Menschen in der Lage sind, ihre Handlungen auf der Grundlage einer scheinbar rationalen Rechtfertigung zu rechtfertigen und dabei ihren inneren Vorurteilen und irrationalen Motiven zu folgen. Es verdeutlicht auch, wie wichtig es ist, unsere eigenen Überzeugungen und Motive zu hinterfragen und nicht blind auf scheinbar plausible Begründungen zu vertrauen.
Warum wirkt die Pseudo-Justification?
Menschen haben das Bestreben, ihr Verhalten mit ihren Überzeugungen und Werten zu vereinbaren. Wenn wir also eine Entscheidung treffen, die unseren Überzeugungen oder moralischen Vorstellungen widerspricht, empfinden wir in der Regel ein Unbehagen oder eine Dissonanz. Um diese Dissonanz zu reduzieren, suchen wir nach Gründen, die unser Handeln rechtfertigen und unsere Überzeugungen bestätigen. Diese Gründe müssen nicht zwangsläufig rational oder logisch sein, sondern dienen lediglich dazu, die Diskrepanz zwischen unserem Handeln und unseren Überzeugungen zu verringern.
Ein weiterer Grund, warum die Pseudo-Justification so wirksam ist, liegt in unserem Wunsch nach sozialer Akzeptanz und Anerkennung. Menschen neigen dazu, ihr Verhalten an den Erwartungen und Normen ihrer sozialen Umgebung auszurichten. Wenn wir also glauben, dass unser Handeln von anderen Menschen als unangemessen oder unethisch betrachtet werden könnte, suchen wir nach Gründen, die unser Handeln rechtfertigen und unsere soziale Akzeptanz sicherstellen.
Die Pseudo-Justification kann auch durch unsere Vorurteile und Stereotypen verstärkt werden. Wenn wir beispielsweise bestimmte Gruppen von Menschen aufgrund von Vorurteilen negativ bewerten, können wir unser Handeln so rechtfertigen, dass es unseren Vorurteilen entspricht. Wir suchen dann nach Argumenten, die unser Verhalten als angemessen und gerechtfertigt erscheinen lassen und unsere Vorurteile bestätigen.
Beispiel aus dem Marketing
Einen besonders hohen „Pseudobegründungseffekt“ erzielen statistische und mathematische Begründungen. Der schwedische Mathematiker Kimmo Eriksson zeigte zum Beispiel, dass eine wissenschaftliche Arbeit mit mathematischen Begriffen und Formeln als signifikant glaubwürdiger eingestuft wurde als dieselbe Arbeit ohne die Formeln. Dabei wirken exakte Zahlen mit Kommastellen noch überzeugender („pseudo-wissenschaftlicher“) als gerundete Zahlen.¹ Und diese Art des Pseudoeffekts erhöhte in einer Studie sogar die Kaufintention von Shampoos! Denn wenn der pseudo-wissenschaftliche Zusatz „chemical-plus-Faktor“ auf der Packung abgedruckt wurde, stieg die Kaufabsicht bei Frauen um 180 %.² Bei Männern wurde dieser Effekt interessanterweise nicht beobachtet, was aber weniger am Pseudoeffekt an sich liegen mag, für den natürlich auch Männer zugänglich sind, sondern am Produkt. Versuchen Sie, Ihre Aussagen in der Praxis möglichst oft zu begründen, auch wenn es sich dabei nur um Pseudobegründungen (keine Lügen!) handelt. Dies gelingt zum Beispiel mit der klassischen Vorteilsargumentation: „Durch unsere langjährige Erfahrung garantieren wir Ihnen höchste Sicherheit“ klingt deutlich überzeugender als nur „Wir garantieren Ihnen höchste Sicherheit“.
Ausblick auf zukünftige Forschung und Praxis
Die Pseudo-Justification ist ein Thema, das in Zukunft sicherlich weiterhin im Fokus von Forschung und Praxis stehen wird. Eine vielversprechende Richtung für zukünftige Forschung ist die Untersuchung der Rolle von Emotionen bei der Pseudo-Justification. Es wird angenommen, dass Emotionen wie Schuld, Scham oder Ärger eine wichtige Rolle dabei spielen können, wie Menschen ihr Handeln rechtfertigen und rationalisieren. Indem Forscher die Auswirkungen von Emotionen auf die Pseudo-Justification untersuchen, können sie ein besseres Verständnis dafür gewinnen, wie Menschen ihre Entscheidungen treffen und warum sie bestimmte Verhaltensweisen rechtfertigen.
Eine weitere interessante Forschungsrichtung ist die Untersuchung der Rolle von Gruppen- und Interessenskonflikten bei der Pseudo-Justification. Es ist bekannt, dass Menschen oft ihre Entscheidungen und Handlungen rechtfertigen, um die Interessen und Überzeugungen ihrer Gruppe zu unterstützen oder Konflikte mit anderen Gruppen zu vermeiden. Indem Forscher diese Dynamiken untersuchen, können sie ein besseres Verständnis dafür gewinnen, wie Gruppendynamiken und Interessenskonflikte die Pseudo-Justification beeinflussen.
Auch in der Praxis wird die Pseudo-Justification eine wichtige Rolle spielen. Unternehmen und Organisationen werden weiterhin versuchen, die Pseudo-Justification zu nutzen, um ihre Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen oder ihre Handlungen zu rechtfertigen. Es ist wichtig, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ein kritisches Bewusstsein für die Mechanismen der Pseudo-Justification entwickeln, um fundierte Kaufentscheidungen treffen zu können und nicht von irrationalen Motiven geleitet zu werden.
Es ist auch wichtig, dass Unternehmen und Organisationen ihre Kommunikation transparent und ehrlich gestalten, um das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher zu gewinnen. Durch eine transparente Kommunikation und ehrliche Informationen können Unternehmen sicherstellen, dass die Pseudo-Justification nicht als Taktik zur Manipulation der Verbraucherinnen und Verbraucher genutzt wird, sondern als Werkzeug zur Unterstützung von fundierten Kaufentscheidungen.
Quellen
¹ K. Eriksson: The Nonsense Math Effect, Judgment and Decision Making, 2012, 7, 746-749.
² Q. Muhammad Salman: Pseudo-Scientific Jargons And Advertising Persuasiveness Shampoos, Karachi Institute of Economics and Technology, 2007.